(MKZ 4105,164)
Anlass: An der Brückenstraße/Schanze in Bocholt sollte der Bau eines fünfstöckigen Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefgarage erfolgen. Da sich der Baugrund innerhalb des historischen Ortskerns der Stadt Bocholt befindet, war eine bauvorgreifende archäologische Untersuchung nötig geworden.
Auftraggeber: Privat
Ergebnis: Der Baugrund liegt innerhalb eines bis 1945 existierenden Stadtviertels, das etwa ab der 2. Hälfte des 13. Jhs. für Viehhaltung, eventuell als Passage für Menschen und wassernutzendes Handwerk genutzt worden ist. Ersteres ist dabei vor allem durch einen Trittsiegelhorizont belegt. Hierin finden sich Abdrücke kleinerer Tiere, größerer Paarhufer und von Menschen. Letzteres ist beispielsweise durch einen Ofen belegt, dessen genauer Aufbau und Verwendungszweck jedoch leider nicht mehr nachvollziehbar ist. Eine Bebauung scheint erst ab dem 16./17. Jh. erfolgt zu sein und bis in das frühe 20. Jh. zu reichen.
In der untersuchten Fläche sind drei Backsteinbrunnen entdeckt worden. Ein Brunnen lässt die begründete Vermutung zu, dass er einen früher zu datierenden – vermutlich hoch- bis spätmittelalterlichen – Fassbrunnen ersetzt hat. Der Backsteinbrunnen wiederum weist unterschiedliche Verfüllungsphasen auf – die letzte scheint im 17. Jh. erfolgt zu sein. Ein zweiter Brunnen wies im unteren Bereich einen hölzernen Brunnenkasten auf und scheint zumindest in seiner letzten Phase als Kloake oder aber wenigstens als Entsorgungsort für organisches Material gedient zu haben. Die untersten Schichten datieren hierbei in das 16. Jh. Ein dritter Brunnen ist in der 1. Hälfte des 19. Jhs. errichtet worden, im 3. Viertel des 19. Jhs. von einer Mauer überprägt und von einem gebohrten Brunnen abgelöst worden.
Die Binnenaa, ein Seitenarm der Aa, die heute quer durch die Stadt Bocholt fließt, scheint an diesem Punkt an einer Flussschleife entstanden zu sein. Sie ist in der Vergangenheit vor allem als Mühlbach genutzt worden und schon in der frühesten Phase (14./15. Jh.) befestigt worden. Dabei sind zunächst flachliegende Böschungsbefestigungen aus flächigen Pfosten-Ruten-Konstruktionen verbaut worden. Sie sind nicht an einer natürlichen älteren Flussrinne gewesen, sondern im anstehenden Sand. Dies deutet darauf hin, dass diese Befestigungen eher zur Stabilisierung der Uferkanten gedient haben könnten und dass der Seitenarm vorher in dieser Form nicht existierte. Erst ab dem 16./17. Jh. fand ein Ausbau der Befestigung statt – nun sind Bohlenfaschinen für eine kanalisierende Wirkung verbaut worden. In einer letzten Phase (spätestens 1885) sind jene Faschinen durch eine Ziegelmauer ersetzt worden. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs ist der Kanal aufgegeben worden.
Relieffreilegung der tierischen und menschlichen Fußspuren in einem ausgewählten Bereich. (Foto: archaeologie.de)
Relieffreilegung der Bastfaschine in der Uferbefestigung der Binnenaa (14./15. Jh.). (Foto: archaeologie.de)
Der älteste der drei gefundenen Brunnen mit einer anschließenden, nicht näher bestimmbaren Holzkastenkonstruktion. (Foto: archaeologie.de/Frank Popko)